Newsletter März 2017

Richtig was auf die Ohren?

Sehr geehrte Damen und Herren,

An einer U-Bahnhaltestelle in Washington DC spielte ein Mann an einem Januarmorgen 2007 für 43 Minuten auf seiner Violine Stücke von Bach, Schubert und anderen bedeutenden Komponisten.

Während dieser Zeit benutzen ca. 2000 Menschen diese Haltestelle, die meisten auf dem Weg zur Arbeit. Nach etwa 3 Minuten bemerkt ein Passant die Musik. Für ein paar Sekunden verlangsamt er seine Schritte, um dann schnell wieder seinen Weg zur Arbeit fortzusetzen.

6 Minuten später: Ein junger Mann lehnt sich gegen eine Wand um zuzuhören, dann blickt er auf seine Uhr und setzt seinen Weg fort.

10 Minuten später: ein 3-jähriger Junge bleibt stehen um dem Musiker zuzuhören, aber seine Mutter zieht ihn weiter. Mehrere Kinder verhalten sich so, aber die Eltern drängen zum Weitergehen.

Nach 45 Minuten: Nur 7 Menschen insgesamt blieben stehen und hörten kurz zu. Circa 20 gaben ihm Geld, seine Gesamteinahmen liegen bei 32 Dollar.

Nach 1 Stunde: Der Musiker beendete seine Darbietung und es wurde still. Niemand nahm Notiz und niemand applaudierte.

Was auch keiner erkannt hat: Der Musiker war Joshua Bell, einer der größten Musiker der Welt. Er spielte unter anderem eines der schwierigsten Stücke, das je geschrieben wurden auf einer Violine von Stradivari im Wert von 3,5 Mio. Dollar.

2 Tage zuvor spielte er in Boston das gleiche Stück zu einem Durchschnittspreis von 100 Dollar pro Platz.

Das ist eine wahre Geschichte…

Auftraggeber des sozialen Experimentes über Wahrnehmung, Geschmack und Prioritäten war die Washington Post. Dieses Projekt warf folgende Fragen auf: Können wir Schönheit in einem alltäglichen Umfeld zu einem unangemessenen Zeitpunkt wahrnehmen? Wenn dem so ist, nehmen wir uns die Zeit sie wertzuschätzen? Erkennen wir Talente in einem unerwarteten Kontext?

Eine mögliche Schlussfolgerung könnte sein: Wenn wir nicht einen Moment Zeit haben, anzuhalten und einem der besten Musiker der Welt zuzuhören? Wie viele andere Gelegenheiten verpassen wir, während wir durch das Leben hasten?

Ich wünsche Ihnen die Chance, diese seltenen Momente zu erkennen und die Zeit für das Wesentliche zu finden,

Ihr Alexander Verweyen